Im Advent warten wir in zimtseliger Vorfreude
Der Advent ist eine klebrige Zeit. Der Glühwein klebt an den Händen, der Plätzchenteig am Nudelholz und das Harz der Tannenzweige in den Haaren und überall dort, wo es nicht hingehört.
Und die Zeit selbst, sie klebt auch: Den Kindern kann sie nicht schnell genug vergehen, bis endlich Weihnachten ist – und viele Erwachsene würden das ganze Adventsgedöns am liebsten schnell hinter sich bringen. Und wieder anderen dehnt sich die leere Zeit ins Unerträgliche.
Allen ist uns gemein: Wir warten. In zimtseliger Vorfreude. Im heillosen Fieber all dessen, was noch zu tun ist. Allein am Adventskranz. Wir warten und holen uns jeden Morgen die kleine Dosis Klebrigkeit ab, die wir im Adventskalender finden. Bis es dann endlich soweit ist.
Auf was warten wir eigentlich? Auf glücklich strahlende Augen? Dass der Stress vorbei sein wird? Dass die Leere sich füllt? So unterschiedlich unsere Lebenssituation ist, so unterscheidet sich auch unser Blick auf die Festtage. Meist wissen wir schon ziemlich genau, was kommen wird – und doch warten wir wieder, jedes Jahr. Voller Erwartung trotzen wir allen Erfahrungen und warten darauf, dass etwas anders werden wird. Etwas anderes soll passieren, etwas Unerwartetes. Irgendetwas wird uns überraschen.
Eine kleine Hoffnung weht uns da um die Nase wie Glühweinduft, sie versteckt sich leise hinter Jingle Bells und leuchtet schüchtern zwischen den unzähligen Lichterketten. Sie klebt am Plätzchenteig und in den Tannengestecken und hinter jedem Türchen des Adventskalenders: Etwas wird anders werden und sich in meinem Leben entfalten. Etwas, das ich nie bewusst vermisst habe, das mir aber im Herzen zieht. „Aus Zion bricht an der schöne Glanz Gottes“ Ps 50,2, so beschreibt die Bibel dieses Ziehen: Etwas muss in diese Welt hineintreten, unerwartet und hell, und sie anders machen.
Vielleicht wollen wir sie gar nicht, diese kleine Hoffnung, aber da sitzt sie nun einmal im Herzen und klebt ein wenig lästig in den Haaren. Und plötzlich strahlt da ein riesigkleiner Gedanke:
Die Welt kann anders sein. Ich kann anders sein. Trotz allem. Und so lange diese Hoffnung leuchtet und duftet und zieht und lebt, und solange sie sich nicht von den Händen und aus den Haaren waschen lässt – so lange hat Gott einen Weg hinein in unsere Welt.
Ihre Esther Gommel-Packbier, Pfr‘in